Kelter
Datenbestand: Bauforschung und Restaurierung
Objektdaten
Straße: | Haldenstraße |
Hausnummer: | 29 |
Postleitzahl: | 73730 |
Stadt-Teilort: | Esslingen am Neckar |
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Regierungsbezirk: | Stuttgart |
Kreis: | Esslingen (Landkreis) |
Wohnplatzschlüssel: | 8116019013 |
Flurstücknummer: | keine |
Historischer Straßenname: | keiner |
Historische Gebäudenummer: | keine |
Lage des Wohnplatzes: |
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Kartenansicht (OpenStreetMaps)
Bauphasen
Errichtung der Kelter um 1583 (d). 1804 wurde das alte Kelternstüblein aufgegeben und unter Aufgabe eines Kelternbaumes in die Nordecke verlegt (a). Ausbruch der ehemals fünf Deckenbalken, mit denen der Raum 1804 gedeckt wurde (a). Ein Umbau erfolgte 1824 (a), als man an der Südostgiebelseite ein Wohngebäude anbaute. Ein Gewölbekeller wurde 1834 (i) in der Ostecke eingefügt.
1866 (a) schließlich wurde in der südwestlichen Längszone des Traufgerüstes ein später
noch mehrfach erweiterter und umgebauter, zweigeschossiger Wohnteil eingerichtet. Spätestens zu dieser Zeit wurde auch hier ein Gewölbekeller eingerichtet.
Die zum Wohnhaus umgebaute südwestliche Längszone wurde laut den Baugesuchen von 1930 und 1933 einem starken Umbau unterzogen (a).
(1583)
Von den insgesamt vier Bohrkernen stammt nur einer von einem eichenen Bauholz, der Rest stammt von Nadelhölzern (d1 und 3 => Fichte; d2 und 4 => Tanne). Zwei der Nadelhölzer (d1 und 4) ergaben Fälldaten im Winter 1582/83. Probe 2 besitzt zwar eine Winterwaldkante, beim Bohren sind jedoch offenkundig mehrere Ringe verloren gegangen. So ist das Fälldatum nur mit einem terminus postquem auf die Jahre nach 1579/80 bestimmbar.
Ähnlich verhält es sich bei Probe 3, die keine Waldkante besitzt. Demnach kann die beprobte Fichte frühestens 1581 gefällt worden sein. Auch bei Eiche d5 ist die Waldkante nicht erhalten, ihr Fälldatum kann anhand des Splints aber auf die Jahre zwischen 1577 und 1597 eingegrenzt werden.
Demnach ist von einer Abzimmerung von Traufgerüst und Dachwerk im Laufe des Jahres 1583, höchstens bis zu drei Jahre später (1582/83 d - Floßholz !) auszugehen (d).
Die Ergebnisse stimmen perfekt mit der schriftlichen Überlieferung überein, denn in den Akten des Esslinger Spitals zum Jahr 1583 existieren Bauanweisungen für Maurer und Zimmermann samt Entwurfspläne zum Neubau der Oberesslinger Kelter (a).

- Erdgeschoss
- Obergeschoss(e)
- Dachgeschoss(e)
- Untergeschoss(e)
(1804)
Die erhaltene Außenwand zeigt zweifach verriegeltes Fachwerk mit zwei breiten Fensteröffnungen. Die Konstruktionsweise mit Fensterständern und Diagonalstreben in den Brüstungsgefachen ist völlig zeitgemäß. Die erhaltene Außenwand stimmt damit exakt mit den Angaben in den Archivalien überein.
Die sich über der Fachwerkwand abzeichnenden, mit Backsteinen vermauerten Löcher in der Gefachfüllung weisen auf den Ausbruch der ehemals fünf Deckenbalken, mit denen der Raum 1804 gedeckt wurde (a). Zwei Zapflöcher am erhaltenen Eckständer der Kelterstube bezeugen auch für die quer anschließende Trennwand zum Kelternraum eine Fachwerkwand mit zweifacher Ausriegelung.
Aus der Archivalischen Untersuchung geht auch hervor, dass die neue Kelterstube auf einem Podest errichtet wurde, unter dem man einen "Lattenverschlag zu einem Weinbehälter" einrichtete. Dieser wurde offenkundig später durch den bestehenden Gewölbekeller ersetzt.

- Ausstattung
(1824)
Die Besitzänderungen führten nachfolgend zu einigen Umbaumaßnahmen und schließlich auch zur Umnutzung der alten Kelter. Ein erster Umbau folgte bereits 1824 (a), als man an der Südostgiebelseite ein Wohngebäude anbaute.

- Anbau
(1834)

- Untergeschoss(e)
(1866)
noch mehrfach erweiterter und umgebauter, zweigeschossiger Wohnteil eingerichtet.
Nur noch dessen Wohnstube in der Südecke des OG besitzt noch Teile der
bauzeitlichen Ausstattung. Spätestens zu dieser Zeit wurde auch hier ein Gewölbekeller
eingerichtet.

- Untergeschoss(e)
- Ausstattung
(1930 - 1933)

- Dachgeschoss(e)
Zugeordnete Dokumentationen
- Bauaufnahme, Bauhistorische und Dendrochronologische Untersuchung, Archivrecherche und fotografische Dokumentation
Beschreibung
- Siedlung
- Stadt
- Ländl./ landwirtschaftl. Bauten/ städtische Nebengeb.
- Kelter/ Trotte/ Torkel
Zonierung:
Konstruktionen
- Mischbau
- Außenwand aus Stein
Die östliche Traufwand ist bis etwa drei Meter vor dem Nordende in Fachwerk ausgeführt. Hier stieß es stumpf gegen ein massives, mit der Nordseite verzahntes Teilstück, das der Giebelwand offenkundig Stabilität verleihen sollte. Die massive Teilwand wurde 1804 zugunsten der nun in Fachwerk ausgeführten Außenwand der hierher verlegten Kelterstube abgebrochen, die Abbruchkante der ehemaligen Massivwand ist aber deutlich gut erkennbar.
Durch die Umbauten des 19. und 20. Jh. ist vor allem im südwestlichen Gebäudeteil nicht zu entscheiden, ob sich die in der Nordecke erhaltenen bzw. rekonstruierbaren Befunde zu den kurzen Massivlängswänden auch auf die übrigen Gebäudeecken übertragen lassen.
Die weitgehend bauzeitlich erhaltene nordöstliche Fachwerkaußenwand ist durch zwei Feld und zwei Bundständer in drei zweifach verriegelte Wandzonen unterteilt. Die innen liegenden Bundständer erhielten eine ständerbezogene Aussteifung durch symmetrisch zu den Bundständern hin ansteigende Fußstreben. In die Fußstreben zapfen die unteren Riegel ein. Dabei wurde auf die kurzen Riegel zwischen den Fußstreben und Bundständern verzichtet. Zwischen die Riegel gezapfte Streben sind für die Bauzeit 1583 sehr ungewöhnlich, finden sich bisweilen aber schon bei Fachwerkwänden des frühen 16. Jahrhunderts, dann aber erst wieder verstärkt ab dem fortgeschrittenen 18. Jahrhundert. Nur die unteren Gefache waren bereits 1583 ausgemauert, während die beiden oberen Gefachreihen mit im Querschnitt vierkantigen Gitterstäben geschlossen wurden. Entsprechende Lüftungsgitter sind bei historischen Keltern häufiger anzutreffen.
Während die Feldständer lediglich den Anschluss an die Massivwände herstellten, finden sich an den beiden Bundständern quer aussteifende Kopfstreben.
Der nach Westen aus der Firstachse gerückte, innere Längsbund des Traufgerüstes beinhaltet vier achtkantig gefasten, auf niederen Sockelsteinen gegründeten Freistützen. Sie tragen ein doppeltes Längsrähm und waren an den Schnittpunkten mit den Querbünden QA 2-4 längs und quer durch Kopfstreben ausgesteift.
Bei dem dreigeschossigen Dachwerk Haldenkelter handelt es sich um ein gering verändert erhaltenes Sparrendach, das sich aus insgesamt 26 Gespärren zusammensetzt. Die Gespärre werden durch zwei Lagen in die Sparren gezapfter Kehlbalken unterteilt. Die Sparren sind am Fußpunkt in die Bunddachbalken gezapft und dem Kopfende miteinander verblattet.
Zur Unterstützung und Längsaussteifung der Gespärre dienen Stuhlkonstruktionen im ersten und zweiten Dachgeschoss. Im ersten Dachgeschoss handelt es sich dabei um eine Kombination aus einfach stehendem und zweifach liegendem Stuhl. Im zweiten Dachgeschoss sind es in allen Querbünden zweifach liegende Stühle welche die statische Aufgabe übernehmen. In Querrichtung sind sämtliche Stuhlstreben durch Spannriegel miteinander verbunden. In Querrichtung erhielten die Stuhlstreben wie auch die Stuhlständer der Querbünde Kopfstreben zur Aussteifung. Dagegen ist die Längsaussteifung in Abhängigkeit davon konzipiert, ob Stuhlschwellen vorhanden sind oder nicht. Dementsprechend erhielten die als Freistützen ausgeführten Stuhlständer des inneren Längsbundes durchgängig Kopfstreben und die Stuhlstreben im 2. DG wegen der hochkant gestellten Stuhlrähme Kopfblattstreben, die sich in der Zonenmitte kopfzonig überkreuzen. Die mit Schwellriegelverband gezimmerten Stuhlstrebenlängsbünde im 1. DG zeigen dagegen eine gerüstzonenbezogene Aussteifung durch V-Förmig angeordnete Feldstreben.
Eine raffinierte zimmermannstechnische Lösung innerhalb des weitgespannten Dachwerkes sind die in sogenannten Einhausungen in den Bunddachbalken (!) fixierten Schwellriegel im 2. DG. Sie dienen alleine zur Unterstützung der hier ohne Aussteifung durch Kehlbalken verlaufenden Sparren der Zwischengespärre, die dafür den Schwellriegeln aufgekervt sind.
Die Haldenkelter zeigt die klassische Zuteilung der jeweiligen Bauholzarten – nachgewiesen sind Eiche, Fichte und Weißtanne – entsprechend ihrer Materialeigenschaften: Eichenhölzer wurden für die tragenden Bund- und Feldständer, sowie für die der Witterung ausgesetzten Fachwerkaußenwände verwendet. Dagegen bestehen sämtliche langen, auf Biegung beanspruchten Teile wie Balken, Rähme und Sparren, aber auch der Großteil der Streben im Traufgerüst wie im Dachwerk aus Nadelholz. Letzteres stammt vermutlich vollständig aus dem Floßholzhandel am Neckar, wie zahlreiche Wiedlöcher und mehrere Hölzer mit einfachen oder doppelten Wiedkeillöcher belegen.
Zudem weisen einige der bauzeitlichen Sparren unterschiedliche Bearbeitungstechniken auf. Während die vierkant verflößten Nadelhölzer durchgängig Spuren der Beilhiebe mit dem Breitbeil zeigen, finden sich darunter einige Exemplare, die auf einer oder zwei Seiten eine sägerauhe Oberfläche besitzen. Da die Sägerillen senkrecht zur Längskante der Hölzer verlaufen und einen regelmäßigen Abstand aufweisen, müssen viele der in der Haldenkelter verbauten Floßhölzer auf einer Bauholzsägemühle zugeschnitten worden sein.